Sexualkundeunterricht: Überfordert Frühsexualisierung unsere Kinder?

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Eigentlich möchte man meinen, dass die Sexualerziehung an Schulen längst etabliert und bildungspolitisch ein Thema von gestern sei. Weit gefehlt: Kaum etwas wird leidenschaftlicher diskutiert und sorgt für so viel Zündstoff wie das Thema Sexualerziehung. Eltern fürchten eine Überforderung ihrer Kinder durch Frühsexualisierung und eine Idealisierung von Pornografie.

Der Stein des Anstoßes

Was viele Eltern beunruhigt, ist das ungute Gefühl, ihre Kinder werden schon in frühen Jahren mit dem Thema Sexualität überfordert oder gar an Schulen ideologisiert. In Zeiten der sexuellen Aufklärung und Toleranz soll die Heranführung der Kinder an dieses Thema immer früher und immer detaillierter geschehen. Jede Art von Schamgefühl scheint bei dieser Frühsexualisierung völlig unerwünscht zu sein.

Meldungen über Kinder, die im Sexualkundeunterricht beim Ausmalen von Geschlechtsteilen reihenweise ohnmächtig wurden und ins Krankenhaus kamen, treibt besorgte Eltern reihenweise auf die Barrikaden. Schulen diskutieren mit Jugendlichen verschiedene Sexpraktiken oder berichten ausführlich über Transsexualität. Ein Entwurf der Landesregierung von Baden-Württemberg über die Gleichwertigkeit verschiedener sexueller Orientierungen lässt Ängste vor Pornografisierung und Idealisierung von Minderheiten im Unterricht aufkommen.

In die Kritik geraten sind die Vorstellungen der sogenannten Gender-Theorie, die eigentlich zur gesellschaftlichen Gleichstellung der Geschlechter in der Gesellschaft entwickelt wurde. Diese unterscheidet zwischen dem natürlichen und sozialen Geschlecht, was soziologisch durchaus sinnvoll sein kann. Ist dies aber mit der Vorstellung verbunden, dass das angeborene Geschlecht nicht entscheidend ist, und sich der Mensch letztendlich sein Geschlecht aussuchen müsse, ist das für viele Eltern doch recht befremdlich.

Das Kultusministerium: Richtlinien

In den Richtlinien für die Familien- und Sexualerziehung des Kultusministeriums wird lediglich ein Rahmen für die Sexualerziehung in Schulen festgelegt. Grundsätzlich soll die Gesamterziehung gemeinsame Aufgabe von Elternhaus und Schule sein und die beiden Institutionen eng miteinander zusammenarbeiten. Ziel der Maßnahme ist es:

  • Kinder altersgemäß in ihrem seelischen und körperlichen Reifungsprozess zu unterstützen
  • zu verantwortlichem geschlechtlichem Verhalten zu animieren
  • ihre Geschlechtlichkeit annehmen und bejahen
  • Gefahren für Leib und Seele früh erkennen und gegebenenfalls abzuwehren

Die exakte Ausführung obliegt dabei den einzelnen Landesregierungen, vertreten durch die Schule und den Lehrer, der möglichst objektiv, wertfrei (ohne Idealisierung oder Verharmlosung), altersgemäß und mit Rücksicht auf die religiösen oder persönlichen Empfindungen der Schüler übermitteln und Fragen beantworten soll. Alles in allem ein sehr schwieriges Unterfangen!

Sexualkundeunterricht: Vorgaben im Einzelnen

Zum Familien- und Sexualkundeunterricht gehören nicht nur anatomische Merkmale und der Befruchtungsvorgang, auch sittliche, religiöse und soziale Themen werden in den verschiedenen Fächern angesprochen.

Klasse 1 und 2: Unterschiede zwischen den Geschlechtern (ohne detaillierte anatomische Einzelheiten), Mutterschaft und Vaterschaft, Aufgaben in der Familie

Klasse 3 und 4: Aufgaben der einzelnen Familienmitglieder, Verhalten von Jungen und Mädchen, Geschlechtsmerkmale, Hygiene

Klasse 5 und 6: Persönlichkeitsentwicklung und Sexualität, Körpermerkmale der Geschlechter, seelische und körperliche Veränderungen in der Pubertät, Hygiene, Befruchtung, Schwangerschaft

Klasse 7 und 8: Freundschaft zwischen Jungen und Mädchen, entwicklungsbedingte Krisen, Sitten und Normen

Klasse 9 und 10: Bedeutung von sittlichen und religiösen Voraussetzungen für die Partnerschaft, Problematik der Prostitution, Homosexualität, Einfluss der Massenmedien, sexuelle Vergehen

Was können Eltern tun?

Über den richtigen Zeitpunkt und die exakten Themen der sexuellen Früherziehung gehen die Geschmäcker weit auseinander. Doch die Eltern sind der Frühsexualisierung nicht hilflos ausgeliefert. Um die Themen mit den Eltern möglichst gut abzustimmen, finden in den Schulen in regelmäßigen Abständen (mit vorheriger Ankündigung) Elternabende über das Unterrichtsmaterial der Sexualerziehung statt. Dort können die Eltern Informationen über die Inhalte erfahren und aktiv selbst daran mitwirken. Es liegt also in Ihrer Hand, was Ihrem Kind im Unterricht vermittelt wird. Wie das einzelne Kind jedoch darauf reagiert, ist im Vorfeld nur schwer vorauszusehen.

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