Macht Stillen Kinder klüger?

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Stillen senkt das Risiko für Mittelohrentzündung, Durchfall und späteres Übergewicht, da sind sich die Experten einig. Doch wirkt sich das Stillen außerdem auf die Intelligenz des Kindes aus oder nicht? Was viele schon lange vermutet haben, bestätigt jetzt eine Studie aus Brasilien.

Wer als Baby für mindestens 12 Monate gestillt wurde, hat als Erwachsener einen höheren IQ und verdient mehr Geld. Forscher der brasilianischen Universität Pelotas haben 30 Jahre lang die Entwicklung von 3.500 Neugeborenen nachverfolgt und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass – unabhängig vom sozialen Status und dem Bildungsgrad der Eltern – gestillte Kinder klüger und erfolgreicher sind als solche, die mit der Flasche großgezogen wurden. Durchschnittlich erreichten die Testpersonen einen um 4 Punkte höheren Intelligenzquotienten.

Perfekt auf die Bedürfnisse des Kindes abgestimmt

Viele Mütter wissen vielleicht heute gar nicht mehr, dass in den ersten Tagen nur ein paar Tropfen sogenannte Vormilch produziert wird. Diese ist besonders nahrhaft und wichtig für das Immunsystem des kleinen Menschen, der ja noch über kein eigenes Abwehrsystem verfügt.

Die Natur hat es so eingerichtet, dass sich die Muttermilch perfekt an die individuellen Bedürfnisse in den einzelnen Phasen der Entwicklung anpasst. Wenn Sie stillen, können Sie sicher sein, dass Ihr Baby während der ersten sechs Monate jederzeit mit allen wichtigen Nährstoffen versorgt wird, die der junge Organismus benötigt.

  • Vormilch enthält einen hohen Anteil Lymphozyten und Antikörper für die Immunabwehr sowie wichtige Wachstumsfaktoren
  • Muttermilch beinhaltet Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente für eine gesunde Entwicklung
  • probiotische Milchsäurekulturen für die Entwicklung einer gesunden Darmflora und Verdauung
  • Bifiduskulturen für eine gesunde Schutzflora im Darm und gute Abwehrkräfte
  • hochwertiges Eiweiß garantiert zudem eine optimale Aufnahme und Verwertung
  • essenzielle Fettsäuren fördern die Entwicklung der Nervenzellen und des Gehirns

Und wer nicht stillen kann oder möchte?

Sollen sich Mütter, die ihre Kinder nicht stillen, weil sie dies nicht können oder wollen, nun wie Rabenmütter fühlen? Nein, denn es gibt keinen allgemeingültigen Weg, weder einen guten, noch einen schlechten. Für jede Frau und jedes Kind muss eine individuelle Lösung gefunden werden. Während einige Frauen nahezu sofort über einen starken Milchfluss verfügen, kommt bei anderen erst einmal nichts ans Laufen. Viele Mütter haben Angst, dass das Neugeborene verhungern könnte, weil sie die Vormilch nicht sehen können. Heikel ist es dann, sich mit anderen Müttern zu vergleichen. Ein erhöhter Druck, unbedingt stillen zu wollen, wirkt sich in der Regel nur kontraproduktiv aus.

Jede Situation und jede Mutter ist anders. Da benötigt es schon ein wenig Mut, als Mutter Vertrauen in die Situation und vor allem in den eigenen Körper zu haben. Die Milchbildung kann sehr stark durch das Anlegen und intensives Kuscheln angeregt werden. Dies ist besonders bei solchen Frauen wichtig, die mit einem Kaiserschnitt entbunden wurden, um die Ausschüttung des Bindungshormons Oxytocin anzuregen.

Druck durch die Gesellschaft

Wer sein Kind nicht stillt, fühlt sich durch die Studie aus Brasilien möglicherweise unter Druck gesetzt. ABER: Ob eine Frau ihr Kind stillt, sollte von ihr und ihrer Familie entschieden werden und nicht von Wissenschaftlern oder der Gesellschaft. Zumal nicht sicher ist, ob die Resultate aus weniger entwickelten Ländern auf Industrienationen wie Deutschland übertragen werden können. Beim Stillen geht es nicht nur darum, seinem Baby besonders viele wichtige Stoffe mitzugeben. Es geht vor allem darum, Bedürfnisse zu stillen. Bedürfnisse nach Nahrung, aber auch nach Bindung. Dies geht genauso mit dem Fläschchen – und der richtigen inneren Einstellung.

Neueste Studien aus den USA und Kanada können den Zusammenhang zwischen Stillen und Intelligenz im Übrigen nicht bestätigen. In eigenen Langzeitstudien wurden Geschwisterkinder aus Familien untersucht, bei denen je mindestens ein Kind gestillt wurde und ein anderes nicht. Stark verzerrende Unterschiede in den Lebensumständen dieser Kinder gab es also nicht. Das Ergebnis: Gestillte Kinder zeigen keinen Vorsprung in der Gehirnentwicklung gegenüber Kindern, die mit der Flasche großgezogen wurden.

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